Atmen tut jeder. Ganz automatisch; man muss nicht darüber nachdenken. Selbstverständlich. Reflexartig. Zum Glück, denn das sichert uns das Überleben, auch wenn wir schlafen oder bewusstlos sind. Also warum schreibe ich darüber einen Artikel?
Und Atemübungen. Warum gibt es die? Atmen muss man doch nicht üben!? Eben weil man es automatisch tut von dem Moment an, wo man dem Mutterleib entschlüpft. Ungefähr 11 Mal pro Minute, also 660 Mal pro Stunde, 15.840 Mal am Tag, 5.781.600 Mal im Jahr - in einem Leben von 75 Jahren sage und schreibe 433.620.000 Mal
Was hat es also mit dem Atem als Thema für diesen Blog-Artikel auf sich?
Wir atmen, um unseren Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Dieser wird von jeder einzelnen Zelle benötigt. Kommt unser Atem - aus welchem Grund auch immer - ins Stocken, leidet unser ganzer Körper darunter. Wenn wir z.B. unter Wasser plötzlich nicht mehr atmen können, reagiert unser Körper augenblicklich mit Stress - mit Todesangst. Asthmatiker können von diesem Stress bei Atemnot ein leidvolles Lied singen. Dann wieder frei atmen zu können, gibt einem sofort das Gefühl von grenzenloser Freiheit. Deshalb werden unsere Lungenlappen auch oft mit Flügeln verglichen. Auch Raucher spüren mehr Leichtigkeit beim Atmen, wenn sie sich von ihrer Sucht befreien konnten.
In der aktuellen Zeit merken wir bereits durch das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes, wie unangenehm ist, wenn das Atmen eingeschränkt ist. Sobald die Notwendigkeit entfällt, reißen wir uns wie ein Chirurg nach einer abgeschlossenen OP die Maske aus dem Gesicht und genießen es, frei atmen zu können. Der Kohlenstoffdioxid, der in der Lunge mit dem Sauerstoff ausgetauscht wird, kann wieder ungehindert entweichen.
Und dennoch: Atem ist noch mehr ...
Wir können mit unserem Atem unsere Emotionen beeinflussen. Unser psychisches Wohlbefinden. Wenn wir uns z.B. in Stress-Situationen auf unseren Atem konzentrieren und ihn ganz bewusst vertiefen und verlangsamen, fühlen wir uns besser. Er ist nicht nur Teil unseres Stoffwechsels, sondern gibt uns auch Orientierung und Hilfestellung.
Beim Meditieren konzentrieren wir uns auf unseren Atem, um im Hier und Jetzt zu sein. Auch das entspannt. Wenn wir mit unseren Gedanken weder in der Vergangenheit hängen bleiben, noch in die Zukunft schweifen, sondern tatsächlich im Augenblick sind. Das beruhigt ungemein. Probier es mal aus!
Sorge für ein paar Minuten Ungestörtheit und setz dich ganz bequem hin. Entspanne deinen Körper und schließe sanft die Augen. Und jetzt lausche deinem Atem. Versuche ihn nicht zu beeinflussen; beobachte ihn nur. Nach ein paar Atemzügen: spüre, wie die Luft kühl durch deine Nase einströmt und beim Ausatmen warm verlässt. Fühle den Weg der Luft in deinen Atemwegen.
Wie fühlst du dich jetzt?
Wenn du Schwierigkeiten hast, dich auf eine solche Übung einzulassen, kannst du im Internet nach Atemübungen oder nach geführten Meditationen schauen. Auch Podcasts sind hierfür sehr hilfreich. So kann ich dir z.B. den Podcast "Intuitiv Essen Gesund Leben" von Annett Burger und Linda Brenneisen, hier v.a. den Praxistipp #6, sehr empfehlen: https://open.spotify.com/episode/63GfnBg9kPItvoVgQfTVdE?si=nUAp_j1kQRaLzWgGn-Gzpg&utm_source=copy-link.
Wenn du Stress hast, kannst du dich also mit bewusstem tiefen Atmen selbst beruhigen. Beim Yoga sorgt ein ruhiger Atem dafür, dass unser Körper sich auch unter Belastung wohl fühlt. Werdende Mütter lernen während der Geburtsvorbereitung, sich mit bewusstem Atmen auch unter den Wehen zu entspannen.
"Jede Emotion ist mit deinem Atem verbunden. Wenn du den Atem veränderst, seinen Rhythmus, kannst du die Emotion verändern."
(Sri Sri Ravi Shankar)
Ist das nicht super? Oftmals fühlen wir uns unseren Gefühlen hilflos ausgeliefert. Es geschieht etwas in unserem Leben, prompt entsteht in uns ein Gefühl und wir haben den Eindruck, gar nichts dagegen tun zu können. Aber mit einem kontrollierten Atem werden wir eben doch wieder Herr (oder Frau) über unsere Emotionen und können sie so steuern.
Mich hat mal jemand gefragt, ob es nicht kontraproduktiv sei, seine Emotionen zu beruhigen. Also ob das nicht bedeutet, Gefühle zu verdrängen. Verdrängen ist ja etwas, was man nicht tun sollte, da das Verdrängte sonst an anderer Stelle mit aller Macht hochkocht und uns in irgendeiner - meist negativer - Weise zum Explodieren bringt.
Verdrängen ist hiermit jedoch nicht gemeint. Sondern das zur Ruhe kommen inmitten eines Sturmes bzw. im Verbleiben in seiner eigenen Mitte, um den Sturm von außen betrachten zu können. So wird man nicht hilflos mitgerissen, sondern kann konstruktiv über Lösungen nachdenken.
Ich wünsche dir, dass du an dieses Phänomen denkst, wenn du es brauchst. Vielleicht findest du etwas, das dich daran erinnert, z.B. ein Hintergrundbild auf deinem Smartphone oder Desktop, ein passender Spruch (vielleicht der von Sri Sri Ravi Shankar - s.o.) oder Ähnliches - es lohnt sich, sich trotz des Reflexes immer wieder des Atems bewusst zu werden.
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